Silent Yell

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Beruf & Co

Ich bin einer von den Menschen, vor denen meine Eltern mich immer gewarnt haben.

Weder Arschkriechen noch Jacke-ziehen

fgf


Da bin ich ein Dickkopf


The Brain



Auf dieser Seite möchte ich über meine Einstellung zum Beruf plaudern. Selbstverständlich greifen diese Ein- und Ansichten auch in mein außerberufliches Leben ein und bestimmen mein Handeln und Denken. Ich denke mir, daß sich viele von euch nach dem Lesen an den Kopf packen werden und mich für total bescheuert halten. Da ist sicher auch was Wahres dran......


Ich wurde am 14.05.1961 in Merkstein im Landkreis Aachen geboren. Es war ein kleiner Ort und ich verlebte dort eine recht unbeschwerte Kindheit. Im Alter von 9 Jahren zog ich 1970 nach Bochum, da mein Vater hier eine sehr gute Jobalternative angeboten bekam. Es war eine massive Umstellung vom beschaulichen Leben innerhalb einer kleinen Gemeinde zu dem Großstadtleben. Ich machte mein Abi im Mai 1980 mit der Gesamtnote 1,9. Danach hatte ich absolut keinen Plan, was ich machen wollte. Nur eines wußte ich: Auf keinen Fall studieren - ich hatte die Nase vom Lernen gestrichen voll. Also bewarb ich mich als Verwaltungsinspektorenanwärter bei der Bundesknappschaft Bochum, die mich nach endlosen Eignungstest dann auch nahmen. Wahnsinn, ich war nun Beamter auf Widerruf im gehobenen nichttechnischen Dienst. Die Ausbildung verlief nach folgendem Muster: Ein halbes Jahr Studium an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung in Berlin (BfA), daran anschließend ein halbes Jahr Praxis in Bochum und so weiter. 3 Jahre. Aber so weit habe ich es dann doch nicht kommen lassen. Nach dem ersten halben Jahr in Berlin war für mich klar, daß ich so etwas nicht mein Leben lang machen möchte. Dazu kam, daß ich in Berlin jede Menge Leute kennen gelernt habe und dort mit einem ganz neuen Lebensgefühl infiziert wurde. Es war die Zeit des Punk und ich war fasziniert von dieser Form des Protestes gegen eingefahrenes Schubladendenken. Da saß ich nun jeden Morgen neben meinen Mitauszubildenden, die im Wissen ihrer ach so großen Bedeutung für die Gesellschaft im tadellosen Zweireiher oder ähnlichem aufliefen. Was war ich doch für ein Fremdkörper: Die Haare gefärbt, Ohrringe im Ohr und ein Outfit, das geprägt war von absolut verrückten Hosen ( die ich heute noch habe !!! ). Zurück in Bochum bat ich um Auflösung des Dienstverhältnisses. Meine Eltern fielen natürlich aus allen Wolken. So ein sicherer Arbeitsplatz, so viel Geld, ............


Nun wußte ich erst recht nicht, was ich machen sollte. Es war einfach so, daß ich an nichts Interesse hatte. Ich erlebte mich als jungen Mann, der zeit seines Lebens nichts anderes getan hat, als Erwartungen zu erfüllen. Der einfach nur funktionierte - und das recht gut. Darauf hatte ich keinen Bock mehr. Rückblickend denke ich, es hat vieles mit einer Verweigerungshaltung zu tun, die ich angenommen habe. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich eine Freundin, die mir irgendwann die Pistole auf die Brust setzte und mich vor die Wahl stellte: Entweder ich mache irgendwas oder unsere Beziehung würde scheitern. Also studierte ich. Das damals aus meiner Sicht noch geringste Übel. Ich hatte keine Ahnung, was ich studieren sollte. Also entschied ich mich dafür, meinen Neigungen nachzugehen und Psychologie zu studieren. Das war ein Bereich, der mich schon immer fasziniert hatte. Leider stellte ich sehr bald fest, daß dieser Studiengang nichts mit dem zu tun hatte, was ich mir erhoffte. Klinische Psychologie? Nee. Statt dessen Statistiken ohne Ende und Neurologie und Logarithmusfunktionen und das allerschlimmste für mich war, daß sämtliche Fachliteratur englischsprachig war. Ich konnte zwar recht gut Englisch, aber für Fachliteratur reichte das hinten und vorne nicht. Kurz vor dem Vordiplom habe ich das Studium dann hingeworfen. Vielleicht sollte man auch nicht so etwas beginnen, nur um die Freundin zu halten. Es folgten Jahre innerer Zerrissenheit, in denen ich vornehmlich arbeitslos war und mich nebenbei mit Gelegenheitsjobs jeder Art über Wasser gehalten habe. Da ich ein Mensch bin, der sich in seinen Ansprüchen durchaus minimieren kann, solange dafür die Lebensqualität stimmt, fühlte ich mich in dieser Zeit durchaus wohl. Lebensqualität hat wesentlich mehr mit anderen Dingen zu tun als mit Geld. Auf der anderen Seite war ich realistisch genug, zu wissen, daß ich langsam an einem Scheidepunkt angelangt war. Wenn ich nun nicht langsam irgendetwas erlernen würde, sähe meine Zukunft wohl nur noch so aus, daß Gelegenheitsjobs und Arbeitslosigkeit mich bis ans Ende meiner Tage begleiten würden. Dem entgegen stand mein Sicherheitsdenken. Wer weiß, wie lange das Arbeitsamt noch zahlen würde und wie sich unser soziales Netz verändert. Nein, ich wollte zumindest gewährleistet wissen, daß ich immer etwas zu essen, zu trinken und ein Dach über dem Kopf finanzieren kann. Also entschloß ich mich, 1989 eine Umschulung zum Industriekaufmann im Berufsförderungswerk Dortmund zu machen. Das zog ich diesmal auch konsequent durch und erreichte einen sehr guten Abschluß. Aber jetzt fing das Schlimmste für mich erst an: Die Bewerbungen. Natürlich war mir klar, daß meine bisherige berufliche Vita für potentielle Arbeitgeber ziemlich erklärungsbedürftig war. Nur daß sich leider kaum einer das hat erklären lassen wollen. Trotz meines sehr guten Abschlusses kamen einfach nur Absagen.


Das einzige Unternehmen, was mich zum Vorstellungstermin bat, suchte einen kaufmännischen Mitarbeiter im Lagerbetrieb in Bochum. Tja, also fing ich dort 1991 an. Im Grunde für einen Appel und ein Ei, aber ich war ja froh, überhaupt eine Arbeit bekommen zu haben. In der Hierarchie war ich der letzte Arsch. Aber das hat mich nicht gejuckt. Ich stand am Ende eines Packbandes, auf das die Packer die fertigen Versandpakete stellten. Mein Job bestand darin, die Paket von dem Band zu nehmen, sie zu wiegen und dann am Computer einen Lieferschein und Rechnung zu generieren. Außerdem mußte ich die Versandaufkleber ausdrucken und am Paket anbringen. Danach wurden die Pakete auf Paletten gestapelt und für die Abholung bereitgestellt. Wenn man bedenkt, daß solche Pakete teilweise Gewichte bis zu 60 kg darstellten, war das schon ein recht großer Knochenjob. Wir teilten uns diesen Job mit zwei Mann und mein Kollege war das letzte Arschloch. Da wir auch gleichzeitig die letzte Kontrollinstanz dafür waren, ob die Packer alles richtig gemacht haben, leitete sich dadurch so eine Art Über- und Unterordnungsverhältnis ab. Wir waren den Packern gegenüber weisungsbefugt und dieses kleine Arschloch von Kollege ( er war vielleicht so etwas mehr als ein laufender Meter ) meinte doch tatsächlich, deshalb sei er was besseres und ließ keine Gelegenheit aus, die armen Schweine zu knechten. Wenn er keinen Bock darauf hatte, die Pakete selber auf Paletten zu stellen, zitierte er eben einen der Packer zu sich und ließ ihn die Knochenarbeit machen. Oder wenn er feststellte, daß ein Packer vergessen hatte, den Unterboden des Paketes richtig zu sichern, hat er den Inhalt des Paketes einfach auf den Boden stürzen lassen und den Packer dann mit wichtiger Gestik zu sich gerufen und ihn dann zur Sau gemacht. Das hat mich angewidert. Es entspricht meinem Bild, das ich von Menschen generell habe. Gib jemandem ein kleines Stückchen Macht und er wird keine Gelegenheit auslassen, seine eigenen Unzulänglichkeiten damit zu kompensieren. Ich solidarisierte mich mit den Packern und fortan herrschte Krieg zwischen meinem Kollegen und mir. Später wurde er in eine andere Abteilung versetzt, was ihn fürchterlich sauer werden ließ, da er meinte, daß diese Abteilung so gut wie seine wäre, da er doch schon so viel länger als ich auf dieser Position gearbeitet hat. Das allerschärfste jedoch war, daß dieses kleine Arschloch früher selbst am Packtisch gestanden hatte und erst später "aufgestiegen" ist. Als er nicht mehr in meinem Dunstkreis war, ging es mir noch wesentlich besser. Ich mußte meine 8 Stunden arbeiten und dann war Ende und ich hatte wieder mein Privatleben. Das hatte für mich immer absolute Priorität. Niemals wollte ich mein Privatleben oder auch meine Beziehung für einen Job zurückstehen lassen. Arbeit ist ein notwendiges Übel, mehr nicht. Arbeit hatte für mich niemals die Bedeutung, mich wertvoll fühlen zu lassen oder Selbstbestätigung aus ihr zu saugen. So wie ein Auto für mich nichts weiter ist als ein Fortbewegungsmittel, so ist die Notwendigkeit der Arbeit durch nichts anderes definiert als durch die Entlohnung. So gesehen habe ich es also für mich recht gut getroffen. Es war mir egal, daß jeder in meinem Umfeld meinte, ich würde meine Qualitäten und Qualifikationen verschleudern. Ich wollte nie Karriere machen, denn ich wollte nie den Preis dafür bezahlen müssen. Tja, dummerweise wurde ich in diesem Job sehr schnell als jemand ausgemacht, den man aufgrund seiner Flexibilität und recht rascher Auffassungsgabe wunderbar als Springer einsetzen konnte. So machte ich die Urlaubsvertretung für die rechte Hand des Lagerleiters und wurde in immer neue Abteilungen gesteckt. Der Lagerleiter war äußerst angetan von mir und schien es sich auf seine Fahne geschrieben zu haben, mich zu pushen. Die Firma ging 1993 den Bach runter und wir wurden von einer Firma übernommen, die in der Computerhardware tätig war. Na ja, natürlich nicht alle. Aber ich war dabei und wurde mit der Leitung der Abteilung Wareneingang betraut. Nun mußte ich schon ein paar Männeken delegieren und das war für mich absolut gewöhnungsbedürftig. Ich war immer schon eine Art Einzelkämpfer und nun mußte ich also den Kopf hinhalten für die Arbeit anderer. Das fiel mir sehr schwer. Zumal ich im Grunde meines Herzens fast harmoniesüchtig bin und Auseinandersetzungen nicht gut ertragen kann. Nichtsdestotrotz gehe ich aber auch keinem Konflikt aus dem Weg, so er denn nötig ist. Ich scheine aber einen guten Weg gefunden zu haben, Leistungsfähigkeit und Menschlichkeit zu kombinieren, denn ich war sowohl bei meinen Mitarbeitern beliebt als auch von der Geschäftsleitung respektiert. Diese Firma kollabierte ebenfalls und wir wurden 1994 von einer Firma geschluckt, die in der Computerperipherie tätig war. Mein neuer Arbeitgeber baute unsere Betriebsstätte zu seinem Zentrallager aus und ich erhielt neben der Abteilung Wareneingang noch die Leitung der Abteilungen Retouren, Qualitätssicherung und Konfektionierung. Nun hatte ich eine Vielzahl von Mitarbeitern zu disponieren und jede Menge Streß am Hals. Trotzdem verbog ich mich nicht und weigerte mich standhaft, Verpflichtungen nachzukommen, die einen Einschnitt in mein Privatleben bedeutet hätte. Keine Geschäftsreisen, keine Abwesenheit vom Wohnort, übersichtliche Anzahl von Überstunden. Auch hier gelang mir die Gratwanderung erstaunlich gut. Ich war sicher gut in meinem Job, denn die positive Resonanz zog sich wieder von meinen Mitarbeitern bis zur Geschäftsleitung. Vielleicht sollte ich an dieser Stelle mal erwähnen, daß bei mir am ausgeprägtesten mein Gerechtigkeitssinn ist. Aus diesem Grunde sah ich es auch als meine Verpflichtung an, für den Betriebsrat zu kandidieren. Trotz mahnender Worte meines Chefs und der Geschäftsleitung ließ ich mich in den Betriebsrat wählen.


Nun glich jeder Tag dem Ritt auf der Rasierklinge. Trotz meiner Weisungsbefugnisse habe ich nie den Chef raushängen lassen, was wiederum mein Chef immer wieder gefordert hatte. Aber ich stehe auf dem Standpunkt, daß man Menschen durchaus auch positiv motivieren kann - in der Psychologie nennt man das positive Verstärker. Ich lebte meinen Leuten vor, daß ich nach wie vor einer von ihnen und maßgeblich von ihrer Leistung abhängig sei. Das Feedback war ganz erstaunlich und ich hatte den geringsten Krankenstand im gesamten Lagerbereich und nie Probleme damit, die anfallende Arbeit zu bewältigen. Aber in meiner Funktion als Betriebsrat mußte ich mir manchmal selbst an die Karre pinkeln. Das war verdammt nicht einfach. Was mich auch sehr enttäuschte, war die Tatsache, daß meine Leistungen von der Geschäftsleitung in den höchsten Tönen gelobt wurde, aber mein Gehalt seit der Aufstockung auf 4 Abteilungen nicht gewachsen ist. Ich bekam immer noch das Gehalt, das ich bei der Firma vorher als Wareneingangsleiter bekommen hatte. Ich hatte schon einige Monate einen guten Job gemacht und innerlich darauf gewartet, daß nun freiwillig eine entsprechende Lohnerhöhung fällig würde. Aber das Gegenteil war der Fall. Bei einer allgemeinen Gehaltserhöhung fiel ausgerechnet ich durch das Netz. Es ging darum, daß eine meinem Tätigkeitsfeld entsprechende Position fast doppelt so viel Gehalt gerechtfertigt hätte. Also verklagte ich meinen Arbeitgeber. Als sie merkten, daß ich nicht nur bluffe, baten sie mich kurz vor dem ersten vereinbarten gerichtlichen Gütetermin, meine Anwälte zurückzupfeifen. Ich bekam nun rückwirkend die mir zustehenden Gehälter. Damit das nicht in den falschen Hals kommt: Geld ist für mich absolut sekundär. Ich bin weder geldgeil noch würde ich etwas haben wollen, das ich nicht verdiene. Mir ging es nur um das Prinzip: Ich machte einen super Job und sollte dafür ungerechterweise auch noch verarscht werden. Ausbeutung nennt man so was. Und genau hier setzt dann mein Gerechtigkeitssinn ein. Allerdings nicht nur mir gegenüber, denn als Betriebsrat habe ich ebenso für die adäquate Entlohnung der anderen Beschäftigten gekämpft. Tja, soviel zu diesem Arbeitgeber. Denn die Firma entschied sich im März 2000, ihre operativen Geschäfte und das Zentrallager im Raum Hessen weiter zu führen. Dies war das Ergebnis einer angefertigten Expertise zur Wirtschaftlichkeitsberechnung des bisherigen Standortes in Bochum. Man bot mir und meiner damaligen Freundin ( die quasi meine rechte Hand war ) einen absolut tollen und einwandfreien Vertrag an. Vor mir wurde quasi der rote Teppich ausgerollt: Man hätte mir eine Wohnung in Hessen nach meinen Vorgaben gesucht, die nach meinen Vorgaben eingerichtet, die Wände nach meinen Vorgaben gestrichen und die Wohnung in Bochum aufgelöst, ohne daß ich hätte einen Finger dafür rühren müssen. Meine Freundin und ich hatten ein Wochenende Bedenkzeit. Angesichts der Tatsache, daß die Firma damals schon auf recht wackeligen Beinen stand, ich absolut ortsgebunden bin und alternativ zu dem Übernahmeangebot eine fette Abfindung stand, schlug ich das Angebot aus. Glücklicherweise, denn heute existiert diese Firma nicht mehr. Ich genoß ein Jahr das Gefühl, jeglicher Verantwortung entbunden gewesen zu sein und heuerte dann im April 2001 bei einem kleinen Handelsunternehmen als stellvertretender Lagerleiter an. Ich büßte fast die Hälfte meines letzten Bruttoeinkommens dabei ein, aber das spielte keine Rolle. Was allerdings eine Rolle spielte, war die Tatsache, daß der Firmenchef permanent durch das Lager turnte und wie ein kleiner Despot allen vorschreiben wollte, wie sie zu arbeiten hätten. Dabei vergriff er sich laufend im Ton und ließ einen einfach stehen, sobald man seinen Worthülsen etwas entgegnen wollte. Das Lager war völlig desorganisiert und es fehlte einfach an allem. Ich schrieb in den ersten Wochen seitenlange Aktennotizen an den Chef, in denen ich ihn aufforderte, adäquate Arbeitsbedingungen zu schaffen. Einiges änderte sich daraufhin, aber vieles blieb so, wie es war. Stückwerk und Improvisation. Am Ende der Probezeit verließ ich die Firma, weil ich keine Lust darauf hatte, mich in einem täglichen Kleinkrieg aufzureiben. Seit Juli letzten Jahres bin ich also wieder arbeitslos und finanziere mich selbst, da ich auf Arbeitslosenhilfe wegen mangelnder Bedürftigkeit keinen Anspruch habe. Mal sehen, wann der nächste Job vom Himmel fällt. Nun scheint sich das Blatt wieder zum Guten gewendet zu haben. Ab dem 01.06.2002 fange ich als Lagerleiter beim Media Markt an. Endlich mal ein Arbeitgeber, mit dessen Produkte ich auch privat etwas anfangen kann. Ich hoffe, daß ich diesen Job bis zu meiner Rente in ca. 40 Jahren ausüben kann.

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